Werkgruppe Weiße Seelenportraits
Seit der Ausstellung "Die verlassenen Schuhe" (1993 im Rheinischen Landesmuseum Bonn) mit Künstlern wie Günther Uecker, C. O. Paeffgen und Jürgen Klauke und gleichzeitiger Katalogveröffentlichung arbeitet die Kölner Künstlerin Gisela Berk an ihren plastischen Seelenportraits.
Setzte sie sich bei den filigran gestalteten Objekt-Collagen mit dem Schuh als Fetisch auseinander und thematisierte sie dort weibliche und männliche Elemente am Material auf dem Hintergrund des Eros, so steht bei den aktuellen Plastiken der Künstlerin nun die Seele an sich als zentraler Bedeutungsträger im Vordergrund von Berks Wahrnehmungswelt.
Als Ausgangsmaterial werden Nessel, Gips und Draht verwendet, um Momente des Seelischen körperlich zu gestalten. Wenn sie von einem Thema affiziert wird, ist es ihr eine innere Notwendigkeit, ins dunkle Zwischenreich des Unterbewußten zu schauen. Aus dieser Haltung entstehen in der Folge dann Ihre Plastiken im Sinne einer work in progress.
Scheinbar verlorene Momente menschlicher Existenz werden als eingefrorene Bewegungen aus dem "Nichts" ins Leben geformt. Daß die Körperoberflächen der Plastiken sämtlich in Weiß gehalten sind, soll den Eindruck von weiß als Symbol für den Ursprung des Lebens noch akzentuieren.
Dem Kunst-Rezipienten scheinen Gisela Berks Figuren dem Schattenreich des Hades entronnen um ihm nun mumienhaft als somnambule Wesen fragend gegenüberzutreten.
Mythische Titel ihrer Plastiken wie Phönix und Hermes verweisen auf Archetypen. Indem die Künstlerin den mythischen Vogel während der Entpuppung darstellt und den Götterboten Hermes mit einer rätselhaft verpackten Nachricht ausstattet, wird die Zeitlosigkeit der Ur-Seele in nuce in die Gegenwart gerückt und sensibel auf den Verlust sinnlicher Wahrnehmung hingedeutet.
Um den körperlichen Manifestationen aus dem Zwischenreich von Tod und Leben bei Ausstellungen Geltung zu verleihen, bedarf es eines Raumes mit perspektivisch variablen Wahrnehmungsmöglichkeiten und eines Dämmerlichtes oder entsprechenden Kunstlichtes. Es ließe sich durch dieses zusätzliche Ambiente zeigen, wie - nach Gisela Berks Intention - ihre Plastiken selbst aus dem Schattenreich hervortreten und ihnen Leben eingehaucht wird.
Gesampelte Töne einer Raumatmosphäre, deren Herkunft die Künstlerin im Dunkeln lässt, bilden eine Klanginstallation, die einem dramaturgischen Spannungsbogen folgt und der Tiefe dieses Seelenraumes eine weitere Dimension hinzufügt.
Gisela Berks plastische Arbeiten sind auch durchdrungen von ihren Erfahrungen in der Schauspielkunst. Während im Schauspiel Seelenzustände nur für Momente erfahrbar und somit vergänglich sind, ist es ihr in der Skulptur möglich das Auratische von reduzierten Seelenzuständen als Momentaufnahme haptisch zu gestalten.
Hans Linsen, Autor in Köln